Der Aushandlungsprozess zwischen dem Ernährungsrat Berlin und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beschäftigt sich seit Januar 2020 mit der Entstehung eines LebensMittelPunktes (LMP) im Bezirk. Ein LMP ist ein Ort der alternativen Lebensmittelversorgung, des Austauschs um Fragen der Ernährung, mit Bildungsangeboten und Workshops rund um Lebensmittelverwertung sowie ein sozialer Ort des nachbarschaftlichen Austauschs. Die Etablierung von LMPs ist ein integraler Bestandteil der Berliner Ernährungsstrategie und verfolgt das Ziel in möglichst allen Bezirken selbstbestimmte, offene Orte einer vielfältigen Versorgungsstruktur zu schaffen, die nah an den Einwohner*innen ist und gesunde, regionale, nachhaltige und fair produzierte Lebensmittel zugänglich macht.
Im Juni und August 2021 fanden zwei Werkstätten statt, in denen lokale Initiativen, Bildungsträger, Nachbarschaftszentren sowie engagierte Einzelpersonen zusammenkamen, um gemeinsam an der Schaffung eines LMPs für Friedrichshain-Kreuzberg zu arbeiten. In der ersten Werkstatt, die online stattfand, kamen um die zwanzig Akteur*innen zusammen. Gemeinsam wurde diskutiert wie ein LMP im Bezirk aussehen und welche Eigenschaften und Angebote dieser umfassen soll. Von Barrierefreiheit, Mehrsprachigkeit, niedrigschwelligem Zugang auch für Obdachlose und andere marginalisierte Gruppen, bis hin zu Angeboten wie Repaircafé, Solidarische Landwirtschafts-Depots, Ausstellungen, Essensangebote und interkulturellem Austausch sowie der Thematisierung von politischen Fragen zu Ernährung wurden viele Ideen gesponnen. Auch Herausforderungen der offenen Prozessgestaltung, wie die Teilhabe möglichst vieler Menschen in die Ausgestaltung eines solchen Ortes und der Frage, ob ein LMP im Bezirk zentral oder dezentral angelegt sein sollte, wurde viel diskutiert. Auch konkrete Orte wie Nachbarschafts- oder Mehrgenerationenhäuser wurden gesammelt und als mögliche Umsetzungsräume angedacht. Abschließend wurde überlegt, welche Voraussetzungen notwendig sind, damit sich die Anwesenden sowie neue Interessierte in die Umsetzung des LMPs einbringen können und Teilhabe ermöglicht wird.
In der zweiten Werkstatt im Umweltbildungszentrum Nirgendwo in Friedrichshain Ende August 2021 wurden mit ebenfalls um die 20 Teilnehmenden die Ergebnisse des ersten Treffens reflektiert und auf der Grundlage der Idee eines dezentralen LMPs weitergearbeitet. In drei Kleingruppen fanden Diskussionen zur Konzeptionierung, Umsetzung und Bedarfsanalyse der drei Grundpfeiler eines LMPs: Küche – Depot –Garten statt. In allen Gruppen wurden die konkrete Orte, die über Küche, Garten oder Workshopräume verfügen im Hinblick auf ihre Tauglichkeit sowie Verfügbarkeit diskutiert. Auch Finanzierungsmöglichkeiten und Bedarfe im Bezirk wurden thematisiert und konkrete Ressourcen der anwesenden Akteur*innen miteinbezogen.
Abschließend wurden Vereinbarungen bis zu einem nächsten Zusammenkommen getroffen und konkrete Aufgaben im Hinblick auf Recherche zu Finanzierung sowie Kommunikationswege entschieden. Es konnte sogar eine zuständige Person gefunden werden, die sich mit der Koordination eines entstehenden LMP Netzwerkes im Bezirk befasst. Im November fand dann ein Nachfolgetreffen statt, bei welchem das LMP Netzwerk Friedrichshain-Kreuzberg gegründet wurde.
Die beiden Werkstätten waren ein wichtiger Schritt für die Kooperation zwischen dem Ernährungsrat Berlin und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und verdeutlichen, dass die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und städtischer Verwaltung diverse Akteur*innen mit den unterschiedlichsten Ressourcen mobilisieren können. Vor allem Fragen der Teilhabe an Ernährung im Bezirk werden mit dieser Zusammenarbeit praktisch erarbeitet und erprobt. Mittlerweile verfügt das LMP Netzwerk FHXB über zwei unabhängig vom Forschungsprojekt KoopWohl bezahlte Teilstellen, die die gemeinsame Arbeit verstetigen und langfristige Angebote des LMPs im Bezirk ermöglichen können.
Die offizielle Dokumentation zu den Werkstätten ist hier zu finden.